Du findest es sollte eine Schule geben, in der Kinder ohne Leistungsdruck und Ellenbogen gemeinsam lernen können? „Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet.“ Artikel 7, Absatz 4, deutsches Grundgesetz.
Du findest Wasser oder die Bäckerei sollte keiner einzelnen Person gehören? „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.“ Artikel 15, deutsches Grundgesetz.
Du findest, die Art, wie wir leben stressig und nicht besonders erfüllend? Ich sage, lass uns daran gemeinsam etwas ändern. Meckern kann ja jede und jeder!
Das ist einfacher, als Du vielleicht erstmal denkst. Hier meine drei einfachen Schritte zur Überwindung des Kapitalismus, für ein Gutes Leben nicht trotz, sondern wegen weniger Arbeit, Geld und Konsum:
1. Neue Werte
Geld macht uns nicht glücklich. Zumindest wenn ein gewisses Minimum erreicht ist, erklärt der Öknonom Angus Deaton. Ab ca. 61.000€ im Jahr fühlen wir uns sicher und andere Dinge werden für uns wichtiger. Das ist natürlich auch eine Menge Schotter. Der Durchschnittslohn in Deutschland sind ca. 32.000€. Aber dazu mehr in 2. Dabei handelt es sich natürlich um einen Durchschnitt: Für Manche mag diese „Wohlfühlsumme“ geringer sein, für Manche vielleicht höher. Der Wohnort und ob Mitmenschen wie Familie mitfinanziert werden, sind dabei sicher keine unwichtigen Faktoren. Konsum macht uns auf jeden Fall nicht glücklich. Eine Designer-Küche bringt wenig, wenn wir in einer 40+-Stundenwoche feststecken und gerade mal Zeit für eine Tiefkühl-Pizza und einen Coffee To Go haben.
Alles, was dieses System zu bieten hat, erfüllt uns auf lange Sicht nicht. Wir leben in einem goldenen Käfig. Dabei sind Vögel auf einem Ast am glücklichsten.
Es ist kein Zufall, dass Dänemark seit den „immer ganz vorne an der Spitze, wenn es in statistischen Ländervergleichen um die Suche nach den glücklichsten Einwohnern“ steht, wie Marie Krutmann in Editionf erklärt: weniger Zeit im Büro; höhere Steuern, die ermöglichen, dass sich alle auf den Straßen sicher wissen und – nicht zuletzt – viel Zeit mit Menschen, die man liebt. Das ist das Hygge-Phänomen, das gerade als die Glücksformel schlechthin gehypt wird.
2. Freiräume
Keine Lust mehr auf das Hamsterrad? Dann überleg´ Dir doch, erstmal nur noch 20 Stunden die Woche zu arbeiten. Zum Beispiel durch Jobsharing oder einfach so, wenn dein*e Chef*in cool ist. Oder Du suchst Dir einen Betrieb ganz ohne Chef*in aus. Da gibt es auch eine kleinere Auswahl. Das können sich natürlich nicht alle leisten. Aber auch dafür habe ich Dir ein paar Ideen zusammengestellt: Melde Dich am besten jetzt gleich bei mein-grundeinkommen.de. Die schenken Dir für ein Jahr 1.000€ im Monat, damit Du machen kannst, was Dir wichtig ist. Bei der Verlosung haben alle die gleiche Chance, zu gewinnen.
Es gibt auch eine Handvoll Wege, wie Du mit weniger Geld mehr Spaß am Leben hast:
Schon mal überlegt, Dein WLAN mit deinen Nachbarn zu teilen? Schon mal überlegt, Essen zu retten, was nicht mehr verkauft werden darf? Oder am besten keine Miete mehr zu zahlen! Ein einfacher Van kann ziemlich günstig zu einem bequemen Wohnzimmer werden.
Oder Du baust Dir dein eigenes Tiny House. In Berlin ist Van Bo Le-Mentzel Dein Ansprechpartner. Er hat zusammen mit dem Bauhausmuseum Baupläne entwickelt, wie Du für ca. 5000 Euro ein komplettes Haus, samt Dusche, Küche, Bad und Holzofen selbst bauen kannst. Das Ganze ist am Ende ca. 8 Quadratmeter groß und steht auf einem Auto-Anhänger.
Und die schönsten Geschenke sind sowieso kostenlos.
Bis auf das fahrende Wohnzimmer sieht so ungefähr mein Alltag aus: Ich arbeite in einem Bio-Backkollektiv ohne Chef, rette Essen oder bekomme es als Solawi-Kiste direkt von der Bäuerin. Das Einzige wofür ich derzeit Geld ausgebe, ist Miete und ab und zu mit meiner Freundin einen Kaffee trinken gehen. Und ich muss sagen: es fühlt sich verdammt gut an. Denn jeder Euro, den ich nicht ausgebe, sind ein paar weitere freie Minuten für mich. In den ich entspannen kann. Oder etwas machen, was mich erfüllt. Oder in denen ich versuche, die Welt ein bisschen zu verschönern. Und ich war noch nie so glücklich in meinem Leben. Man könnte auch sagen: Ich bin immer einmal utopischer als Du. Und ich werde nicht aufhören, bis endlich alle die Möglichkeit haben, so ein entspanntes Leben zu haben. Die ersten Baupläne für ein Tiny House stehen übrigens auch schon. Was mir allerdings noch fehlt ist:
3. Vernetzung
Friederike Habermann nennt sie die „Halbinsel gegen den Strom“. Eine kleine Oase, auf der die Regeln der restlichen Welt nicht so ganz greifen. In der geteilt und geträumt wird. Weltweit verstreute Nischen, in denen Dinge wie Boden und Wasser der Allgemeinheit gehören. Eine Welt der Stadtgärten und Schenkpartys oder Schenkläden , die funktioniert wie Wikipedia und nicht wie Facebook. Eine Welt, die wir uns machen, wiedewiedewie sie uns gefällt.
Es gibt diese Welt schon. Sie ist klein und versteckt, aber wenn man danach sucht, findet man sie an den verwunschenen Ecken von verfallenen Hinterhöfen. Und es ist wichtig, dass mehr Menschen sie entdecken und zu lieben lernen. Dass die tausenden Grashalme, die den Asphalt durchbrechen, ein bisschen Hoffnung auf eine bessere Welt verbreiten. Wenn ich morgens auf dem Weg zur Arbeit durch die U-Bahn gucke, glaube ich, wir haben ein bisschen Hoffnung bitter nötig.
Denn wenn die Konzernleiterin und der Anlageberater einmal ganz ehrlich zu sich selbst wären, würden sie erkennen, dass auch die nächsten Millionen sie nicht glücklich machen wird. Sondern ein ruhiger Abend mit den Liebsten, ein Nachbarschaftsfest und ein paar Abenteuer. Wir dürfen das Glück nicht warten lassen. Es gibt jetzt schon die Initiativen, Ideen und Gesetzesvorschläge, die unser aller Leben glücklicher, freier und lebenswerter machen würden: Grundeinkommen, höhere Spitzensteuersätze, 32-Stunden-Woche.
Der einzige Grund, warum unsere Vorfahren damals die Eisenbahn, das elektrische Licht oder das verdammte Feuer erfunden haben, war doch, dass wir heute mehr Zeit haben sollen, um einfach glücklich zu sein. Dann lasst uns das doch einfach machen. Ich bin felsenfest davon überzeugt: Wenn wir uns selbst und Anderen ein bisschen Freiheit schaufeln und diese auch nutzen, um zu tun, was uns erfüllt und was die Welt braucht, dann ist das vielleicht nicht das Richtige. Aber zumindest ein Weg dahin.
Illustration: Corinna Chaumeny
Corinna Chaumeny hat an der HAW Hamburg Illustrationsdesign studiert. Sie arbeitet als freie Illustratorin für Verlage und Unternehmen. Ihr Buch „Der Zweifel ist das Wartezimmer der Erkenntnis“ beim kunstanstifter Verlag zeigt, dass sie nicht nur für die Bildgestaltung die Collagetechnik gerne aufgreift…