Wildcampen

In aller Ruhe Sterne gucken. Wo wäre das schöner, als inmitten von Wald und Wiese? Wildcampen ist hierzulande zwar meist verboten. Ein paar Möglichkeiten gibt es aber doch, in der Natur zu übernachten.

Du konntest die Enge der Straßen deines Heimatdorfes nicht mehr aushalten. Oder der Lieblings-Falafel in deinem Kiez schmeckte fad, das überfüllte Freibad roch nach ranzigem Frittenfett. Wie schön wäre es doch, mal wieder frische Luft zu atmen, den unebenen Untergrund und sich selber zu spüren! Gesagt, getan: Zelt, Taschenlampe und Campingkocher eingepackt, suchst du den Weg in die Wildnis – und landest in der Vorhölle deines Heimatortes: dem Campingplatz.

Müde begrüßt du deine Nachbar:innen. Die sind seit letzter Woche auch hier. Das überfüllte Freibad hast du erfolgreich gegen einen überfüllten Baggersee ausgetauscht. Stadt-Land-Gefälle hin oder her: Das verdammte Frittenfett riecht identisch. Es würde ja reichen, die Zelte abzubrechen und loszustromern – immer der Nase nach. Du könntest dich dort niederzulassen, wo Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagen – anstelle des schlecht erzogenen Köters deiner Campingnachbarin und Sonnencreme-Bruno, dessen Lebensziel es zu sein scheint, eine Wassereis-Packung pro Campingplatz-Quadratmeter zu hinterlassen. Das Problem: Wildcampen ist in Deutschland verboten. Ungenehmigtes Übernachten im Zelt, ob auf staatlichen oder privaten Flächen, gilt als Ordnungswidrigkeit. Wer von Polizei oder Forstamt erwischt wird, kann durchaus ein Bußgeld aufgebrummt bekommen. Konsequent angewandt wird das aber meist nur, wenn du im Naturschutzgebiet warst oder Feuer, Lärm oder Müll gemacht hast.

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Dieser Text ist Teil unserer sechsten Ausgabe. In der geht es um Glaube, Religion, selbstgebaute Smart-Speaker ohne mithörende Konzerne, wandernde Straßenbäume oder das Potenzial von religiösen Bildern im Einsatz gegen die Klimakrise.

In Schweden ist, dank dem »Jedermannsrecht« zum freien Genuss der Natur, eine Nacht Wildcampen fast überall drin. Dort leben aber auch nur 23 Menschen pro Quadratkilometer. In Deutschland leben die Menschen etwa zehnmal so dicht aufeinander. Da ist es nicht verwunderlich, dass hierzulande etwas weniger entspannt mit Wildcampenden umgegangen wird. Wer ein paar Tipps befolgt, ist jedoch (fast) immer auf der sicheren Seite.

Draußen zu nächtigen wird vermutlich nicht die gemütlichste Nacht deines Lebens. Neben Sternenhimmel und frischer Luft warten auch Tau, Kälte, Mücken, harter Untergrund oder Wind auf dich. Aber dafür – oder dadurch – bietet sich dir das Gefühl von Freiheit und Naturverbundenheit. Übrigens: Mitte August erreicht der Meteorschauer seinen Höhepunkt – dann lassen sich Sternschnuppen besonders gut beobachten. Aber nicht auf dem Campingplatz mit den ausgeleuchteten Wegen.

Setz auf die Pampa

Klar, du wirst jetzt sagen »Ich will doch nicht im Landschaftspark Duisburg-Nord zelten« – aber erstaunlich viele setzen beim Wandern und Campieren auf ausgelatschte Wanderwege und Landschaftsattraktionen. Lass die Touristenfallen Moselschleife und Bayerischer Wald am Wegrand liegen und besuch stattdessen die Altmark oder Uckermark: Menschenleere Landstriche – dort würdest du dich wahrscheinlich nicht mal über einen vorbeiwehenden Grasbüschel wie im Westernfilm wundern. Hier stört es wirklich selten, solltest du mal irgendwo eine Nacht zelten.

Boofen

In Nationalparks ist das Wildcampen verständlicherweise noch verbotener als anderswo. Die Natur soll ja auch ihre Ruhe haben! Eine Ausnahme herrscht im Nationalpark Sächsische Schweiz, wo schon im 19. Jahrhundert eine Tradition des Felskletterns entstand. Lange bevor von Dresden aus die S-Bahn zum Elbsandsteingebirge fuhr, verbrachten die Kletterbegeisterten ihre Nächte oft in Felshöhlen. Diese »Boofen« sind heute offiziell genehmigte Übernachtungsorte, 58 Höhlen sind auf offiziellen Karten ausgewiesen. Allerdings ist das Übernachten eigentlich nur in Verbindung mit Klettersport erlaubt.

Lagern wie die Profis

Wer lagert, macht Pause, rastet. Und wer pausiert nicht gern mal über Nacht. Wer sollte es nun zum Vorwurf machen, wenn die Zeit der Pause angenehm gestaltet ist – etwa mit einem Biwaksack (einem Zelt zum anziehen sozusagen)? Nur Unmenschen würden es nicht nachsehen, wenn gegen die nächtliche Kälte dann auch noch ein Schlafsack und eine Isomatte ausgepackt werden. Wer angesprochen wird, hat halt den Sonnenuntergang genossen und dann den Aufbruch verpennt.

Tarnen

Wer sich ein Zelt besorgt, sollte gedeckte Farben bevorzugen. Es sei denn, du bist in einer Landschaft, in der Neonfarben vorherrschen. Dann mach gern auch ein paar Fotos und schreib uns einen Brief mit Ortsangabe und Jahreszeit!

Fragen

Die Idee ist so simpel, dass man oft nicht darauf kommt: Wo möglich, klingel doch einfach bei der Bäuerin oder dem Waldbesitzer und frag, ob du eine Nacht auf ihrem Gelände schlafen darfst, wenn du weder Pflanzen beschädigst noch Müll hinterlässt. Manche bieten gar Zeltplatz und Dusche gegen einen schmalen Taler über bauernhofcamping.info feil. Pro-Tipp: Bei Landwirten käme das »Bett im Kornfeld« nicht mal gut an, wenn sie mitmachen dürften.

1nitetent – Plattform

Diese Onlineplattform funktioniert wie Couchsurfing – bevor deren Geschäftsmodell geändert wurde und die Plattform etwas einschlief. Auf 1nitetent bieten nette Menschen ein Stückchen Wiese, Weide oder Garten für Zeltende an. Wer sich vorher kurz per SMS ankündigt, darf mancherorts auch Lagerfeuer machen.

Wanderhütten

Schutzhütten sind teilweise zur Übernachtung geeignet. Das Abenteuer beginnt hier vor der Übernachtung: Steht tatsächlich eine Hütte an der Stelle, wo sie auf der Karte vermerkt ist? Ist das Dach dicht? Manchmal findet sich auch eine Hütte, wo man sie nicht vermuten würde. Wanderhütten werden wiederum oftmals professionell geführt und sind dementsprechend eher wenig »wild«.

Trekking-Plätze

Tourismusregionen bieten mehr und mehr Flächen an, auf denen Zelte erlaubt sind. Bedingung ist allerdings oftmals, sich vorher anzukündigen. Wasser gibt es selten, Imbiss-Stände erst Recht nicht – dafür warten viele Plätze mit Feuerstellen und Sitzgelegenheiten auf.


Texte: Marius Hasenheit
Illustrationen: Dana Lungmuss für transform Magazin

Handeln

1nitetent.com
Hier werden die Plätze auf einer Landkarte gesammelt auf
denen du zelten darfst. Oft sind es Gärten netter Menschen.

Bauernhof-Camping
Die Seite listet die Bauernhöfe, die kostengünstig
Schlafplätze bieten.

Trekking in der Eifel

Trekking in Schleswig-Holstein, Am Soonwaldsteig, Im Elbsandsteingebirge, In der Pfalz, Im Schwarzwald , Im Steigerwald

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