In Artikel 3, Paragraph 2 des Grundgesetzes steht es klar und deutlich: “Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.” Doch auch im Jahr 2018 wird leider das, was im Grundgesetz geschrieben steht, noch immer nicht ausreichend umgesetzt.
Beispiel #Genderpaygap: Frauen verdienen auch heute noch rund 20% weniger. Wie groß wäre wohl der Aufschrei, wenn Männer 20% weniger verdienen würden. Der Unterschied in der Bezahlung resultiert vor allem daraus, dass Frauen andere Berufe wählen als Männer, Frauen eher in Teilzeit arbeiten und Frauen meist die sind, die sich auch der unbezahlten (Care-)Arbeit zu Hause widmen und damit stetige Doppelbelastungen haben. In der ungerechten Entlohung spiegelt sich ein gesamtgesellschaftliches, strukturelles Problem wider.
Gleichberechtigung ist für alle gut
Dabei sind die zugeschriebenen ‘geschlechtstypischen Rollenbilder’ für beide (und alle weiteren) Geschlechter schlecht – und veraltet.
Wie viel besser wäre eine Welt, in der Menschen nicht in rosa- und hellblau Fallen tappten. Eine Welt, in der Frauen nicht nur die Süßen, Hübschen, Angepassten – und Männer nicht nur die Starken, die Harten, die “Bosse” sein sollen. Gleichberechtigung ist für alle gut. Es ist nicht nur so, dass Führungsetagen von einem höheren Frauenanteil profitieren. Männer brauchen keine Angst haben vor Gleichberechtigung. Jungen und Männer profitieren ebenfalls von einer Lossagung von alten Rollenzuschreibungen.
Aber ja, es bewegt sich etwas. Es gibt mehr, die sich erheben und Unrecht und Ungleichheit ansprechen, sich wehren – durch öffentliche Diskurse und durch weibliche Vorbilder ermutigte Frauen. Gegen Sexismus und strukturelle Benachteiligungen. Auch Männer sind dabei. Obgleich es noch immer arg wenig Männer gibt, die sich zur #MeToo Debatte (please note, too) äußern.
Gerade im letzten, wie in diesem Jahr, gab es mehr und lautere Stimmen. Die “Weinstein Skandale” aus Hollywood ließen es zu, dass die Medien dieses Thema aufgreifen, dem ja doch auch immer etwas Skandalöses, Anrüchiges nachweht und vielleicht vor allem daher auch in jegliche “Promi-News” schafft und ein breiteres Publikum erreicht. Und dann auch in Deutschland: der Fall Wedel(s). Gar nicht verwunderlich.
Es gibt viel Redebedarf. Es ist gut, wenn das Thema Missbrauch sich in öffentlichen Diskursen wiederfindet und aus der Tabu-Ecke kommt. So zeigte die repräsentative Studie der Europäischen Union für Grundrechte aus dem Jahr 2014 klar auf, dass gerade in den Ländern, in denen Parität fortschrittlich umgesetzt und gelebt wird, mehr Frauen Fälle häuslicher und sexualisierter Gewalt zur Anzeige brachten. Und dies sicher nicht, weil in Schweden mehr Männer ihre Partnerinnen schlugen als in Italien. Sondern aufgrund der Ausgangslage eines emanzipierteren Klimas von Gleichberechtigung – und dem daraus resultierenden Ungerechtigkeitsempfinden. Die Hemmschwelle ist dann niedriger, Unrecht als solches zu benennen, wenn erwartet wird, dass man damit Gehör findet und Zustimmung und Rückhalt bekommen wird. Ebenso zeigte aber auch diese Studie wieder auf, dass, statistisch betrachtet, der gefährlichste Raum für Frauen immer noch der soziale Nahraum ist. Nicht der Öffentliche.
Und worum geht es hier eigentlich?
Es geht hier um Macht. Um Kontrolle. Und das lässt sich ebenfalls in dem so propagierten, “normschönen” Frauenbild wieder finden, das durch Kosmetik-, Fashion- und Werbeindustrie Mädchen und Frauen vorgeführt wird. Letztlich ist das in der Auswirkung das Gleiche: Sehr junge Mädchen – und auch reflektierte Frauen – werden auf das Äußere reduziert. Das kann nicht, niemals, genug sein. Das Äußere von Frauen gelte es immer zu verbessern und nur dann, wenn sie der Perfektion möglichst nahe kommen (und dafür möglichst viel investieren, und das nicht nur monetär), können sie sich dem Ideal annähern. Aber ‘genug sein’, können sie in diesem System nie. Und das bindet unglaublich viel Energie und Aufmerksamkeit.
Dankbarer Weise gibt es vielfältigen Widerspruch. Den Dokumentarfilm Embrace, aus dem Jahr 2017. Darin wird hinterfragt: wie gefährlich sind Schönheitsideale? In der Dokumentation entlarven Taryn Brumfitt und Nora Tschirner den gefährlichen Schönheitswahn der Gesellschaft. Zu befürworten wäre es, wenn dieser Film an Schulen gezeigt und diskutiert wird.
Es entwickelt sich eine erstarkende Gegenbewegung. Und es ist an der Zeit – #timeisup.
Doch wie kam es eigentlich dazu, dass es heute einen Weltfrauentag gibt?
Der internationale Weltfrauentag entstand in der Zeit um den Ersten Weltkrieg im Kampf um Gleichberechtigung und um das Wahlrecht für Frauen – Der Tag kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Der erste Frauentag wurde dann am 19. März 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn und der Schweiz gefeiert und seit 1921 findet der internationale Frauentag am 8. März statt. Seit 117 Jahren also, in denen sich zweifellos viel bewegte. Durch die Frauenbewegungen, durch mutige Vorreiterinnen und in den letzten Jahren zunehmend auch durch einflussnehmende, bewundernswerte, powervolle Social Media Präsenzen, zum Beispiel irre gute Initiativen, nur um hier Beispiele zu nennen für einen Wandel, der natürlich prozesshaft ist.
Jede Einzelne, jeder Einzelne kann dabei mitmachen, eine Aktivistin, ein Aktivist werden: für Gleichberechtigung, eine wirkliche, gelebte. Und Jede und Jeder kann Zeichen setzen, gegen jegliche Gewalt gegen Frauen, gegen strukturelle Gewalt, gegen Sexismus. Patriachale Strukturen aufzeigen und aufbrechen. Und das kann schon damit beginnen, auf eine geschlechtergerechte Sprache zu achten. Und kann damit weitergehen, nicht über den sexistischen Altherrenwitz zu lachen – sondern zu nachzufragen: “Das verstehe ich nicht, kannst du mir den Witz bitte erklären?!” Und das nächste Mal nicht wegzuschauen, nicht zu schweigen, wenn ein Kollege einer Kollegin auf den Po fasst.
Und – zur Frauentagsdemo zu gehen, um damit der Bewegung mehr Präsenz und Gewicht zu verleihen!
Gastautorin Magna* bescheibt sich selbst als „Feministin, Adbusterin und Yogini. Schreibt gerne und möchte die Welt zu einer besseren machen…“
*Name ist der Redaktion bekannt.
Beitragsbild: Jessica Podraza