„An einem Tag hat sich alles verändert“

Es ist kalt und dunkel – nach schwarzem Tee und einem Abendessen, zu welchem jeder etwas beitrug, gehen wir mit Nasr in eine Kneipe in Berlin-Neukölln. Marius und der junge Syrer lernten sich im Herbst auf einem Willkommensfest kennen. Sie sind beide etwa gleichen Alters – doch könnten ihre Lebensgeschichten kaum unterschiedlicher sein.

Der IT-Spezialist Nasr beendet 2006 sein Studium und arbeitet im Anschluss ein Jahr im IT-Bereich. Dann muss er zu einem zweijährigen Militärdienst – wie jeder Syrer ab einem Alter von 18, sofern er Brüder hat. Mit der Dauer des Militärdienstes hat Nasr noch Glück – bis 2006 waren noch drei Jahre verpflichtend.

Marius und Nasr sind etwa gleichen Alters – doch ihre Lebensgeschichten könnten kaum unterschiedlicher sein.
Nach seiner Ausbildung beim Militär bekommt er einen Job in der Bildungsverwaltung von Aleppo. Nasr überprüft in dieser Zeit die IT-Ausstattung von Schulen. Bis 2013 arbeitet er vormittags in der Bildungsverwaltung und nachmittags in der Buchhaltung einer großen europäischen  Supermarktkette.

Als 2011 um Dara’a in der Nähe der jordanischen Grenze der syrische Bürgerkrieg beginnt, ist in Nasrs Heimatstadt Aleppo davon noch nichts zu merken. Zwei Jahre später nähert sich der Krieg jedoch der Stadt rasant – die zu 90 Prozent von Sunniten bewohnt wird. Die Spannungen vor Ort nehmen zu – für Nasr ist der Grund klar: Das alawitisch geprägte Assad-Regime, welches vom schiitischen Iran unterstützt wird, benachteiligt das vornehmlich sunnitische Aleppo systematisch. Während es in Damaskus weiterhin Strom, Nahrungsmittel und ein reges öffentliches Leben gibt, verschlechtert sich die Situation in Aleppo rapide. Die Spannungen drücken sich jedoch nicht nur durch eine schlechte Versorgungslage aus.

Regimetreue Gruppen nehmen als systemkritisch eingestufte Menschen zunehmend fest – so auch viele Freunde von Nasr. Gleichzeitig ist Korruption ein großes Problem. Mit ausreichend Geld scheint zunächst alles erhältlich zu sein – auch Schutz. Doch die Gefahren nehmen zu, weshalb 2012 sein Bruder und viele Freunde fliehen.

Nasr selbst beschließt 2013 das Land zu verlassen – er sieht dort keine Chance mehr auf eine Zukunft. Auch finanziell ist ihm ein Überleben in Aleppo nicht mehr möglich. Er verdient mithilfe mehrerer Jobs etwa 1000 Euro, bräuchte aber das Doppelte, um wirklich überleben zu können. Er arbeitet die ganze Zeit, führt ein Leben in Angst, und kann trotz seiner großen Mühen gerade so seinen Lebensunterhalt finanzieren. Neben den Strom- und Heizkosten wird zudem die Versorgung mit Lebensmitteln immer schwieriger. Auch wenn er das Geld für Nahrungsmittel aufbringen kann, ist er darauf angewiesen, dass die Straße zu einer Nachbarstadt passierbar ist – ansonsten gibt es schlichtweg nichts zu essen.

Wie hast du dich in dem aufkommenden Konflikt verhalten – hast du zu einer Seite tendiert oder wolltest du neutral bleiben?
Es ist einfach chaotisch. Russland und der Iran unterstützen das Regime. Katar, Saudi-Arabien und die Türkei unterstützen Da’ish*. Die USA unterstützen dennoch die Türkei und Saudi-Arabien – und natürlich auch Israel. Es gibt unterschiedliche Rebellengruppen, die gegen Assad, gegen Da’ish, oder auch gegeneinander kämpfen. Man weiß gar nicht, wen man da eigentlich bekämpfen sollte. Ich wollte Aleppo einfach verlassen. Ich bin jung und verlor mein dortiges Leben. Ich habe von früh bis spät gearbeitet – das war alles.

In welchem Moment genau hast du entschieden, Syrien zu verlassen?
An einem Tag hat sich alles verändert. Die Al-Nusra- Front tauchte auf und alle verschwanden – die Armee, die lokale Regierung und Administration. Doch sie kamen am darauffolgenden Tag zurück – mit Bomben. Ohne die Zeit zu haben zu packen, verließ mein Bruder seine Wohnung fluchtartig. Auch er kam dann zu mir in die Wohnung, wo wir dann mit unseren Eltern, meiner Schwester und meinem jüngerem Bruder und seiner Familie lebten. Die Kinder konnten nicht zur Schule gehen, da wir nie wussten, wann wieder Bomben fielen oder Granaten flogen. Nicht nur Assad, sondern auch Da’ish und die Al-Nusra-Front waren dabei beteiligt.

Dann begannen die Kontrollen auf der Straße, denn alle Männer zwischen 25 und 40 Jahren wurden wieder zum Militär eingezogen. Auch deshalb gehen alle jungen Männer weg und versuchen, nach Deutschland zu kommen. In Aleppo blieben nur Frauen, Kinder und alte Männer.

Wie konntest du fliehen?
2013 ging ich über ein Gebiet, welches von der Al- Nusra-Front kontrolliert wurde, in die Türkei. Das war ein großer Umweg von einem Tag – statt den zwei Stunden, die es normalerweise braucht, um von Aleppo zur türkischen Grenze zu kommen. Doch ich musste natürlich den Assad-Truppen ausweichen. Den Al-Nusra-Kontrollen konnte ich weismachen, dass ich nur eine benachbarte Gegend besuche. Dann wartete ich zwei Tage an der Grenze auf meinen Kontakt, den ich brauchte um die Grenze zu überwinden.

Und wie verlief deine Flucht, nachdem du die türkische Grenze  überwinden konntest?
Es war eine kleine Odyssee. Nach einem Monat kam ich nach Istanbul. Angekommen, konnte ich mit einem echten spanischen Pass durch die Passkontrollen schlüpfen und nach Madrid reisen. Doch dort stellten sie fest, dass ich kein Spanier bin, nahmen mich fest und schickten mich zurück. In Istanbul war ich zwei Tage in einer Polizeistation und wurde dann mit einem Pass für syrische Flüchtlinge entlassen. Ich versuchte dann mehrfach, die Türkei zu verlassen – nicht nur am Flughafen, sondern auch an der türkisch-bulgarischen Grenze. Dort überwand ich mit Freunden einen Kanal. Auf bulgarischem Boden hörten wir dann allerdings scharfe Hunde kommen. Meine Freunde wollten nicht mitkommen und ich sagte mir, dass ich es alleine nicht schaffen würde. In Bulgarien werden Flüchtlinge einfach erschossen – deshalb versuchen so viele nach Griechenland zu kommen.

Anschließend reiste ich in den Sudan. Dort kannte ich einen Reiseveranstalter, der mir einen Job in einem seiner Büros in Katar anbot. Doch als Syrer durfte ich nicht einreisen – wie bei all diesen arabischen Ländern. Es ist absurd: Während des Libanonkriegs nahmen wir Millionen Libanesen in Syrien auf – doch nun nehmen selbst die Libanesen keine syrischen Flüchtlinge mehr auf. Während ich im Sudan war, konnte ich nach Russland reisen. Doch es war und ist sehr gefährlich, von dort aus gen Westen zu reisen. Also flog ich nach Istanbul zurück, wo ich etwa ein Jahr lebte und in einem Internetcafé arbeitete.

Schließlich probierte ich es wieder: Ich floh mit einer Fähre nach Griechenland, wurde dort aber von Grenzkontrollen aufgegriffen. Allerdings konnte ich nach Thessaloniki im Norden Griechenlands entkommen – wo es unzählige „Schlepper“ aus Pakistan und Afghanistan gibt. Sie boten mir zum Beispiel Trips von Griechenland nach Serbien für 1500 Euro an…

Wir sammelten uns an der mazedonischen Grenze in Jevgilia, wo es ein Massencamp mit etwa 500 Menschen gibt – ohne jegliche Versorgung. Wir durchquerten Mazedonien und auch Serbien. Dann warteten wir auf Autos, die uns nach Belgrad bringen sollten. Kleine Jungen versuchten, am Treffpunkt Geld von uns zu erpressen, indem sie damit drohten, die Polizei zu rufen. Andere fragten uns sehr aggressiv, wie wir unser Land verlassen konnten und warum wir nicht kämpften. Sie haben keine Ahnung von der Komplexität und Ausweglosigkeit in Syrien. Mit einem Bus kam ich schließlich von Belgrad nach Kanjiza, einer Grenzstadt zu Ungarn. Dort angekommen, lief ich nachts einen Kanal entlang und kam so nach Ungarn. Die Taxifahrer dort fahren einen für 400 Euro nach Budapest, wo ich bei einem Freund unterkam. Anschließend fuhr ich für 150 Euro nach Österreich – wo ich erleichtert aufatmete. Ich war angekommen, angekommen in Europa. Dann kam ich sogar bis Berlin.

Ankommen in Europa

Wie hast du die ersten Wochen in Deutschland wahrgenommen?
Am ersten Tag musste ich zum LaGeSo – das wusste ich bereits durch die Nachrichten von Freunden via WhatsApp und Facebook-Gruppen. Ich ging um fünf Uhr morgens hin, doch sie sagte mir, ich solle am nächsten Tag wiederkommen. Ich wusste nicht, wohin ich gehen sollte. Manche Leute empfahlen mir zur Polizei zu gehen – aber die hätten wohl alles von mir genommen, das Smartphone und das Geld. Also ging ich zu einem türkischen Restaurant. Da ich Türkisch und Kurdisch beherrsche, konnte ich mich gut mit dem Besitzer verständigen. Der mochte mich und ich konnte zunächst dort bleiben.

Als ich schließlich im LaGeSo dran kam, forderten sie meinen Pass ein. Aber den wollte ich ihnen nicht geben, schließlich verlieren oder verlegen sie oft Dokumente. Ich nahm mir vor, höchstens dem BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) meinen Pass zu geben. Dann begann die Fragerei, und die bürokratischen Mühlen begannen langsam zu mahlen. Viele der Beamten scheinen dabei recht willkürlich zu entscheiden. Nach drei Monaten bekam ich meinen Pass und Ausweis.

Woher hattest du all diese „Insiderinformationen“ zu den Fluchtrouten und Umständen in Deutschland?
Wir informieren uns natürlich ausführlich, bevor wir flüchten. Ich hatte alle wichtigen GPS-Daten auf meinem Smartphone. Freunde und Bekannte, die bereits in Europa sind, teilen zusätzlichen ihre Erfahrungen und Informationen zu aktuellen Entwicklungen an den Grenzen.

Hast du dich willkommen geheißen gefühlt?
Ich hatte das Gefühl, dass die meisten Deutschen Flüchtlinge mögen, wie auch Marius. Ich habe schon viele Freunde kennengelernt, die mir auch viel helfen, wie zum Beispiel bei der Suche nach einer Wohnung oder einem Job. Aber man sagte mir früh, dass ich Ost-Berlin meiden sollte, da die Ostdeutschen Flüchtlinge nicht mögen. Alle sagen: Bleib im Westen, Süden oder Norden – aber gehe niemals in den Osten!

Wie hast du die Stimmung in den Gruppen mit anderen Geflüchteten wahrgenommen?
Wir hatten nie Probleme, lernten uns aber auch kaum kennen. Meistens bleibst du für ein paar Tage mit anderen zusammen und es gibt keinen großen Austausch. Mich stört das allerdings kaum – es gibt oft Scheinfreundschaften, und so etwas finde ich sehr anstrengend.

Wie ist es mit negativer Rückmeldung aus der deutschen Bevölkerung – kommt so etwas bei dir an?
Nicht wirklich, ihre Aussagen kommen kaum durch. Wir haben eher das Problem im LaGeSo, Rathaus oder Jobcenter. Die Leute dort sprechen selten Englisch – die Security ebenso wenig. Oft sind es türkischstämmige Leute bei der Security – und es gibt ja bekanntermaßen Spannungen zwischen Arabern und Türken…

Manche PolitikerInnen sagen, Geflüchtete hätten antisemitische und antifeministische Ansichten im Gepäck. Was würdest du ihnen sagen?
Wir wissen eigentlich nur aus dem Fernsehen, dass Merkel unser Kommen willkommen heißt. Aber wir wissen auch, dass viele Deutsche Merkel nicht mögen. Wenn sie also abtritt und ein anderer ihr Büro besetzt, wissen wir nicht wie es weitergeht. Wir lernen also Deutsch, suchen Arbeit und eine Wohnung – das ist alles.

Es sind ein paar Leute unter uns, die weder Israel noch eine liberale Sexualmoral gut finden. Es gibt auch welche, die Homosexualität ablehnen – verrückte Leute gibt es überall! Aber Schritt für Schritt werden sich die Leute anpassen. (Nasr blickt auf sein Glas.) Als ich in Berlin ankam, mochte ich keine Apfelschorle – jetzt schon. (lacht) Wir werden das System hier nicht verändern – das System wird uns verändern.

Kannst du dir vorstellen in 30 Jahren zu sagen „Ich komme aus Deutschland“?
Ich schätze, ich brauche noch zwei oder drei Jahre um gutes Deutsch zu sprechen. Gleichzeitig braucht es eine gute Weile, um Gebräuche zu lernen… (Nasr blickt zu Marius) Du kennst mich: Ich bin Syrer! Wir sollten auf morgen schauen und keine Langzeitpläne entwerfen. In drei Jahren läuft meine Aufenthaltsgenehmigung aus – also kann ich die eh nicht machen.

Nasr & das gute Leben

Fühlst du dich zu den arabischen Gemeinden in Berlin verbunden?
Ich habe oft das Gefühl, dass die Leute hier mit libanesischen oder palästinensischen Wurzeln mich nicht sonderlich mögen. Sie denken sich wohl „Mir hat damals niemand geholfen, warum sollte ich nun helfen?“ Es gibt kaum „arabische Solidarität“. Wenn mich Leute fragen, warum ich in einem deutschen und keinem arabischen Restaurant arbeite, sage ich ihnen, dass ich dort nicht unter Mindestlohnniveau bezahlt werde! Ich will ein gutes Leben.

Was bedeutet für dich das gute Leben?
Einfach ein guter Job, gutes Geld und eine kleine Wohnung.

Lebst Du gerade das gute Leben?
Bisher nicht – ich bin die ganze Zeit umgezogen, von einem Heim zum nächsten. Nun habe ich aber eine Wohnung und einen Job, den ich bald beende, um eine Ausbildung zu beginnen. Das erste Jahr war sehr hart – aber nun können sich die Dinge verbessern.

Haben die Deutschen hier ein gutes Leben?
Ja, jeder hat hier ein gutes Leben. Die Leute haben keinen Stress – sie arbeiten von Montag bis Freitag und haben sowohl am Samstag als auch am Sonntag Wochenende. Sie fahren regelmäßig in den Urlaub und verbringen eine schöne Sommerzeit. Aber es gibt hier auch Leute, die wahnsinnig viel arbeiten und sich
keinen Urlaub leisten können. Gleichzeitig gibt es Leute, die nur ganz wenig arbeiten und superreich sind. Das gute Leben ist hier ungerecht verteilt.

Was sind deine Träume?
Das Abschließen meiner Ausbildung ist mein größter Traum. Wenn das nicht klappt, muss ich mehr Deutsch lernen und von Null anfangen.

Hast du ein Vorbild?
Viele Araber mögen Hitler. Warum? Weil er viele Juden umbrachte. Wir wissen nicht, was er für die Deutschen bedeutete, schließlich startete er diesen großen Krieg – aber er baute auch ein großes Land auf. Schwierig… Insgesamt muss ich sagen, dass ich gar kein Vorbild habe!

 

Es folgt eine lange Diskussion über Antisemitismus, Israel, Religion, Politik und den Nahen Osten. Im Jahr 1947 kam es in Aleppo zu Pogromen gegen Juden. Heute gibt es noch immer keinen Friedensvertrag zwischen den Kriegsgegnern Syrien und Israel. All das war uns bekannt. Dennoch: Das Ende dieses Interviews kam mehr als überraschend. Unser Titelthema, „Empathie, da wo‘s weh tut“, wurde mit einem Mal sehr greifbar.

Nasr hat inzwischen eine Ausbildung zum Fachmann für Marketing & Programmierung begonnen. Gleichzeitig lernt er verstärkt Deutsch, um dem Berufsschulunterricht ohne Probleme folgen zu können.

 

Autoren: Marius Hasenheit & Jan Korte
Illustration: Tamara Bogatzki (von links: Marius, Nasr, Jan)

Der Artikel erschien zuerst in unser gedruckten Ausgabe zum Thema Empathie. Diese kannst du dir hier bestellen.

ALEPPO
Die Stadt ist Vielen vor allem als Kriegsschauplatz bekannt – die Assoziationen in Deutschland sind Ruinen und Fassbomben. Doch die Stadt hatte über den Großteil ihrer Geschichte ein anderes Gesicht: Bis zum jüngsten Kriegsausbruch lebten in der zweitgrößten Stadt Syriens inklusive Vororte etwa 2,5 Mio. Einwohner. Es gibt unterschiedliche Angaben zu den ältesten Quellnachweisen, doch klar ist: Die Stadt ist unglaublich alt. Heute ist die kulturreiche Stadt, das ehemalige Westende der Seidenstraße, größtenteils zerstört.

LAGESO
Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) ist auch die Zentrale Leistungsstelle für Asylbewerber in Berlin. Das Amt erreichte deutschlandweit wie international traurige Berühmtheit, als sich 2015 die Aufnahme und Betreuung von Geflüchteten massiv verzögerte. Inzwischen werden sogenannte „Sucher“ beschäftigt, welche unbearbeitete Fälle suchen. Da es kein Ordnungssystem gibt, werden diese in Kisten gestapelt, es fehlt an elektronischer Verwaltungsstruktur. Der Amtschef Franz Allert trat auf Druck des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller im Dezember 2015 zurück. Seine Stelle übernahm übergangsweise der  McKinsey Unternehmensberater Sebastian Muschter.

DA’ISH/DAESCH
Die mediendominierende Terrormiliz hat mehrere Namen: „Islamischer Staat im Irak und in Syrien“ oder einfach nur „Islamischer Staat“. Die Anführungszeichen dabei sind nicht unwesentlich – schließlich repräsen- tieren die Terroristen weder einen Staat, noch eine gemäßigte Auslegung des Islams. Die Abkürzungen der Miliz sind noch zahlreicher: IS, ISIS oder ISIL. Erklären lässt sich das mit der Geschichte der Organisation und der sich ändernden Selbst- und Fremdbeschreibung. Als Abu Bakr al-Baghdadi 2014 das Kalifat ausrief, entfielen alle geographischen Refe- renzen im Namen – schließlich ist der Herrschaftsanspruch  global. Die Bezeichnung Daesh bricht mit diesem implizierten Anspruch ganz bewusst. Das Akronym des arabi- schen Begriffs „Al-daula al-Islamija fi-l-Iraq wa-sh-Sham“ (Islamischer Staat im Irak und Großsyrien/der Levante) ist innerhalb des IS verboten. Die Benennung wird abwertend verwendet, sie erinnert an den arabischen Ausdruck für „Zwietracht säen“.

 

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