In der Politik geht es nicht weiter, rechtsextreme Parteien geben die Richtung vor. Es wird Zeit, dass linke Ideen in der Politik wieder Gehör finden.
Es ist Zeit! Denn, wenn man sich anguckt was Merkel, Seehofer, Nahles und Co. im Bundestag so veranstalten, dann bleibt mir nichts Anderes übrig als: facepalm! Gegenwind von der Opposition? Fehlanzeige – die Grünen planen sogar schon eine Koalition mit der alten Einfallslosregierung, die Linke ist mit sich selbst beschäftigt und die Lindnerpartei schwingt ihre neoklassischen Parolen.
Jetzt wäre es an der Zeit für eine linke Offensive – endlich die Gelegenheit für den dringend notwendigen Angriff auf die nationalen Gefühlshülsen. Doch im gleichen Atemzug in dem Sarah Wagenknecht die ehemaligen Volksparteien für gescheitert erklärt, plant sie eine Sammelbewegung mit Menschen aus der SPD und von den Grünen. Das dürfte den Spagat der Linken noch schmerzhafter gestalten, denn die Partei spaltet sich an der alten Leier:
Was heißt es heute noch links zu sein? Eine Frage, die anhand der „Grenzen ja/nein“ Diskussion durch dekliniert wird und am Ende doch offenbleibt. Eine real-politische Antwort scheint undenkbar. Auch die Bundesregierung hängt sich an der Asylpolitik auf. Es scheint, als ginge es nur darum die potentiellen Wähler der rechten Parteien anzusprechen – gerade die CSU hat seit den 70ern einige Stimmen an die Rechtspopulisten verloren. Doch liegt das wirklich an der sogenannten „Flüchtlingskrise“?
Einwanderung in die BRD gibt es schon lange: drei Wellen kamen seit dem ersten Weltkrieg mit vielen Millionen Geflüchteten aus dem Osten, aus der DDR und Menschen, die als ausländische Arbeitnehmer*innen kamen. Aber während die Umstrukturierungen lange im hohen Wirtschaftswachstum untergingen, halbierten sich industrielle Arbeitsplätze von 1970 bis 2010 auf etwa 25%. Eine Studie analysiert diese Entwicklung mit bekanntem Ergebnis: Politikverdrossenheit und der Erfolg von rechten Parteien.
Denn keine der Parteien hat schlagfertige Ideen für das echte Problem: die Wirtschaft.
Nicht einmal Sarah Wagenknecht zeichnet in ihrer Vision einer linken Sammelbewegung wirklich progressive Lösungen. Bei einer Rede in der Uni Bonn fordert sie eine Rückkehr zur „wirklichen, parlamentarischen Demokratie“ und einer starken Binnenwirtschaft mit stärker nachgefragten Dienstleistungen. Somit würde mehr Geld auf nationaler Ebene zirkulieren und die Arbeitslosigkeit ginge zurück. Doch Wagenknecht ignoriert dabei die Entwicklung des Arbeitsmarktes, der im Zuge der Digitalisierung und Automatisierung noch mehr Jobs verlieren dürfte als bisher.
Die Ökonomen Car Frey und Michael Osborne haben errechnet, dass in den USA in den nächsten zehn bis 20 Jahren etwa die Hälfte aller Jobs durch Automatisierung verloren gehen könnte. Auch das internationale Wirtschaftsprüfungsunternehmen „PricewaterhouseCoopers International“ rechnet mit 30% betroffenen Arbeitsplätzen. Je nach Rechnung unterscheiden die Zahlen, klar scheint aber: eine Umstrukturierung der Arbeitswelt ist unausweichlich.
Das sehen die etablierten deutschen Parteien jedoch anders, denn ein Sinneswandel ist von links bis rechts nicht erkennbar. Dabei hängt der „System change“ quasi greifbar in der Luft. In ihrem Buch Die Zukunft erfinden zeichnen Nick Srnicek und Alex Williams die Vision einer postkapitalistischen Ökonomie basierend auf der Frage, was Arbeit in unserer Zeit eigentlich bedeutet. Erreicht durch eine Reihe wirtschaftlicher Reformen: Automatisierung, einer Vermögenssteuer sowie der Versteuerung von maschineller Arbeit, Reduzierung der Arbeitszeiten und die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens. Als Ganzes wäre dies ein gesellschaftlicher Wandel wie es ihn vermutlich seit der Erfindung der Webmaschine nicht mehr gegeben hat. Was fehlt, ist die politische Umsetzung.
Müsste die Linke nicht eigentlich aus der Geschichte lernen?
Auch im 19. Jahrhundert beeinflusste die wirtschaftliche Entwicklung einen Wandel im politischen Spektrum, denn die Industrialisierung schuf eine völlig neue Klassengesellschaft. Mit einem Schlag wurde der Arbeitsmarkt umstrukturiert, viele traditionelle Arbeitsplätze gingen verloren und der Kapitalismus schuf ein System der menschlichen Ausbeutung. So entstanden die ersten sozialistischen Parteien, die sich als Vertreter der Arbeiter*innen verstanden. Eine postkapitalistische Gesellschaft braucht genau das: ein modernes politisches Verständnis von Arbeit und Ausbeutung.
Zwar versucht die neue Partei „Demokratie in Bewegung“ seit den Bundestagswahlen 2017 mit eben diesen Zahlen eine progressive Wählerschaft anzulocken, doch ist der Abstand zur Fünf-Prozent-Hürde noch groß. Und auch die europäische Bewegung DiEM25 um Yanis Varoufakis propagiert eine neue Zukunft Europas, doch ist der Weg der europäischen Demokratisierung ein langer. Seine Bewegung war die Erste mit dem Anspruch, eine gemeineuropäische Partei zu gründen und das europäische System zu reformieren.
Es gibt sie also doch, die Ideen und was fehlt, ist nicht nur die Utopie sondern auch unser Mut an sie zu glauben und für sie zu kämpfen. Gefragt ist jetzt unser Einsatz für die Freiheit und Gleichheit aller Menschen und die globale, ökologische Solidarität. Deshalb mein Appell: Lasst uns die Welt verändern!
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