Körperliche Konstruktionsfehler

Unsere Anatomie ist schon beeindruckend. Wenn man sich den menschlichen Körper aber genauer anschaut, kann man sich nur wundern. Es ist wie bei einem ohne Anleitung selbst zusammengebauten Möbelstück: Funktioniert, aber es wirkt, als wäre etwas falsch herum montiert. Und warum bleiben Schrauben übrig? Fünf Beispiele aus einer langen Liste.

Unser überbelasteter Rücken

Der Paläoanthropologe Bruce Latimer verglich unsere Wirbelsäule mit »26 übereinander gestapelten Tassen (Wirbel) und Untertassen (Scheiben), die zu guter Letzt eine Bowlingkugel (Kopf) balancieren«. Wirbelsäulen gibt es so einige im Tierreich – genau: Deshalb heißen sie Wirbeltiere! Aber aufrecht durch die Gegend zu laufen – auf die Idee kamen nicht viele Spezies. Dummerweise erfand die Spezies mit dieser schlauen Idee auch noch schwere Taschen, unbequeme Stühle und niedrige, immer falsch positionierte Laptops.

Der extrem schmale menschliche Geburtskanal

Gebärende Menschen haben im Vergleich zu den weiblichen Exemplaren anderer Säugetiere einen ziemlich engen Geburtskanal. Das führt zu langen Wehen, massiven Schmerzen und Risiken für Gebärende und Kinder. Müttersterblichkeit war gar lange Zeit die häufigste Todesursache für Frauen während ihrer reproduktiven Jahre. Warum kann es beim Menschen nicht so flutschen wir bei den allermeisten Säugetieren?!

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Dieser Text ist Teil unserer siebten Ausgabe. In der geht es um Körper in all ihren Formen und Farben, das Recht auf Selbstbestimmung, den Körper als Waffe und warum spritzende Vulven eine politische Dimension haben.

Die umständliche Verlegung des Harntrakts

Die Harnwege bei Menschen mit Penis verlaufen durch die Prostata – statt um sie herum. Schwillt diese an, dauert es auf der Toilette länger. Etwa 40 Prozent von ihnen haben im Alter über 60 eine gutartige Prostatavergrößerung. Viele halten Probleme beim Pinkeln fälschlicherweise für normale Alterserscheinungen.

Die Doppelfunktion des Pharynx

Die Ursache für unzählige Todesfälle in der Geschichte der Menschheit: Wie andere Primaten sind wir gezwungen, die gleiche anatomische Struktur für die Nahrungsaufnahme und Atmung zu verwenden. Wenn die Röhre blockiert ist, ersticken wir im schlimmsten Fall bevor wir verhungern.

Die Nähe unserer Genitalien zu unserem Rektum

In Kombination mit unseren kurzen Harnröhren (besonders bei Menschen mit Vulva) führt die direkte Nachbarschaft unserer Ausscheidungsorgane häufig zu Harnwegs- und Blaseninfektionen. Ein bisschen mehr Abstand hätte schon drin sein können. Wäre Gott Stadtplaner*in, würde er*sie keinen Spielplatz neben ein Abwassersystem stellen.

Text: Peter Gericke
Foto: Patrick Süssle

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